Gene & Co.
Migräne: Ursachen im Überblick
Bei Migräne handelt es sich um eine komplexe neurologische Erkrankung. Durch neue bildgebende und genetische Untersuchungsmethoden ist es in den letzten Jahren gelungen, das Wissen rund um die Entstehung der Migräne enorm zu vergrößern. Erfahren Sie hier mehr über die Rolle der Gene und die Besonderheiten, die das Nervensystem von Betroffenen aufweist.
Wie entsteht Migräne?
Zahlreiche genetische Faktoren können die Entwicklung einer Migräne begünstigen. Sie führen offenbar dazu, dass bei Migräne-Patienten lebenslang eine Besonderheit des Nervensystems besteht, die das Risiko für Migräne-Attacken erhöht.
Die Betroffenen sind demnach anfälliger für Migräne-Attacken und das Nervensystem ist auch zwischen den Attacken leichter erregbar. Das heißt konkret: Migräne-Patienten nehmen Reize intensiver wahr, können sie schlechter filtern und gewöhnen sich nicht an wiederholte Reize. Auch die Wahrnehmung, Weiterleitung und Verarbeitung von Schmerzen scheint gestört zu sein.
Inzwischen sind ungefähr 50 Genvarianten bekannt, die die Anfälligkeit für eine Migräne erhöhen. Dabei hat nicht eine einzelne Genvariante eine Migräne-Erkrankung zur Folge, sondern erst das Zusammentreffen mehrere genetischer Abweichungen. Nur bei einer seltenen Unterform der Migräne (familiäre hemiplegische Migräne), bei der es zu einer Migräne mit Aura und Lähmungen kommt, konnten bisher einzelne Gendefekte als Ursache festgestellt werden.
Ob schlussendlich tatsächlich eine Migräne-Attacke ausgelöst wird, kann durch vielfältige innere und äußere Faktoren wie zum Beispiel Hormone, Alter, Ernährung, Verhalten (z. B. Alkoholkonsum, das Auslassen von Mahlzeiten), Wetterwechsel, Schlafmangel und Stress beeinflusst werden.
Was passiert im Gehirn?
Bereits Stunden bevor die Migräne-Kopfschmerzen auftreten, kommt es zu einer Aktivierung von Hirnregionen, die eine Funktionsstörung zur Folge hat.
In der Frühphase spielt der sogenannte Hypothalamus eine wesentliche, wenn nicht sogar die ursächliche Rolle bei der Entstehung einer Migräne-Attacke. Dieser Bereich des Zwischenhirns fungiert als Taktgeber für zahlreiche Prozesse (z. B. Schlaf-Rhythmus, Ess-Rhythmus, Körpertemperatur) und ist auch an der Schmerzverarbeitung beteiligt.
Im weiteren Verlauf wird der Hirnstamm aktiviert und der Trigeminus-Nerv (5. Hirnnerv) stimuliert. Letzterer leitet Schmerzimpulse an Kopf und Gesicht weiter. Außerdem kommt es zu einer Entzündung der Blutgefäße in der Hirnhaut.
Bei der Auslösung einer Migräne-Attacke sind folgende Bereiche beteiligt:
- Hypothalamus
- Hirnstamm
- Trigeminusnerv
Die Migräne-Kopfschmerzen gehen offenbar vor allem von den Hirnhäuten und den Blutgefäßen aus – diese sind, im Gegensatz zum Gehirn, von einem Nervengeflecht durchzogen und daher schmerzempfindlich.
Die Rolle von Botenstoffen
Während eines Migräne-Anfalls werden vermehrt Botenstoffe (sogenannte Neurotransmitter) freigesetzt. Zu nennen sind hier vor allem Serotonin und das Neuropeptid Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP).
- Erhöhte Serotonin-Spiegel stimulieren das Brechzentrum im Gehirn und lösen so Übelkeit und Erbrechen aus.
- Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) fördert die Entzündungsreaktion bei Migräne und wirkt gefäßerweiternd. Medikamente mit CGRP-Antikörpern können heute bei der Migräne-Prophylaxe zum Einsatz kommen.
Die Entstehung der Migräne-Aura
Die Entstehung der Migräne-Aura geht auf eine sogenannte Streudepolarisation (engl.: Spreading Depression) der Nervenzellen im Gehirn zurück. Dieses Phänomen, das auch als elektrochemische Entladungswelle bezeichnet werden kann, wird nicht nur bei der Migräne-Aura, sondern auch bei Schlaganfällen beobachtet.
Bei einer Migräne-Aura hat die Streudepolarisation vorübergehende Störungen der Informationsverarbeitung und des Energiestoffwechsel im Gehirn zur Folge. Diese Prozesse lösen die typischen Aura-Symptome (z. B. Flimmern von der Augen, Sehen von Blitzen oder Zickzack-Mustern) aus.